Dienstabend am Gersteinwerk

Am Mittwoch, den 23. August hatte der Löschzug 1 der Freiwilligen Feuerwehr Werne die Möglichkeit auf dem Gelände des RWE Gersteinwerk in Stockum eine Einsatzübung durchzuführen. Im Rahmen der regulären Übungsabende der Feuerwehr wird in den Sommermonaten an den unterschiedlichsten Objekten im Werner Stadtgebiet geübt. Dass diese Übungen unter möglichst realitätsnahen Bedingungen für eine schlagkräftige Feuerwehr äußerst wichtig sind, hob Stadtbrandinspektor und Leiter der Werner Feuerwehr Thomas Temmann bei der Abschlussbesprechung deutlich hervor. Speziell im Hinblick auf die doch ungewisse Zukunft des Kraftwerkes und die damit verbundene mögliche Verlagerung der Verantwortung dieses Objektes von der RWE Werkfeuerwehr auf die Freiwillige Feuerwehr Werne, ist eine Übung in diesem Objekt extrem wichtig, um sich mit der Örtlichkeit vertraut zu machen. Da das Gersteinwerk als Betrieb unter der sog. Störfallverordnung eingestuft ist, schützt eine eigene anerkannte Werkfeuerwehr die Kraftwerksanlagen. Wie dies nach der vorgesehenen Stilllegung des Kohleblock K zum 1. Quartal aussieht, ist derzeit noch ungewiss.

 

Die Übung ausgearbeitet und begleitet haben Michael Freundschuh und Torsten Ernst vom Löschzuges 1 Stadtmitte sowie Guido Ernst, Holger Dittmann und Andreas Fieweger von der RWE Werkfeuerwehr begleiteten als Führungskräfte den Übungsablauf. Das ausgearbeitete und angenommene Übungs-Szenario stellte sich wie folgt dar: Die Bremsen des Aufzuges im Block 1 seien bedingt durch einen technischen Defekt heiß gelaufen. Dadurch habe sich eine starke Verrauchung im Aufzugschacht und im oberen Teil des Gebäudes gebildet. Diese Verrauchung habe die Brandmeldeanlage ausgelöst. Weitere eingebaute Raffinesse der Lage war, dass die Abwesenheit der normal zuständigen Werkfeuerwehr angenommen wurde und deshalb die dann örtlich zuständige Freiwillige Feuerwehr Werne alarmiert wurde.

 

Der zuerst eingetroffene Einsatzleiter verschaffte sich u.a. über den Pförtner und die dort zugänglichen Feuerwehrpläne einen ersten Überblick. Er priorisierte daraufhin die ihm von den Kraftwerksmitarbeitern übermittelten weiteren Informationen. Fragmente der Erstinformationen waren, dass zwei Kraftwerksmitarbeiter im Block I vermisst werden und dass ab Bühne 7 (welches vergleichbar mit dem siebten Stockwerk im einem Hochhaus ist) eine starke Verrauchung ein Weiterkommen verhindert. Die Aufzüge im Gebäude seien aufgrund der ausgelösten Brandmeldeanlage außer Betrieb. Ansonsten sei der Block geräumt und es würden keine weiteren Personen vermisst.

 

Der Einsatzleiter gab dem ersten Einheitsführer die Aufgabe der Menschenrettung. Daraufhin rüsteten sich mehrere Trupps unter Atemschutz aus und gingen in den verrauchten Block I auf die Personensuche. Aufgrund der Komplexität und der enormen Größe des Gebäudes musste ausgiebig erkundet werden. Da laut Szenario sich durch den Brandrauch Atemgifte im Gebäude befanden, musste jede Einsatzkraft im Gefahrenbereich atemschutztauglich sein und ein geeignetes Löschmittel zum Eigenschutz mitführen. Der Gruppenführer der jeweiligen Einheit ist grundsätzlich für die Sicherheit und Unversehrtheit seiner eingesetzten Kräfte verantwortlich. Dies stellte er mit sogenannten Sicherheitstrupps sicher. Diese Kräfte haben im normalen Einsatzgeschehen so lange eine passive Aufgabe bis es ggf. zu einem Notfall bei einem der Atemschutztrupps kommt. In diesem Moment retten diese speziell ausgerüsteten Einsatzkräfte Ihre in Not geratenen Kameraden. Der Sicherheitstrupp sowie die Atemschutzüberwachung mussten zu jeden Zeitpunkt genau wissen, wo sich die eingesetzten Kräfte mit welcher Aufgabe im Gebäude befanden.

 

Da das fiktive Feuer in einem Gebäude höher als die für das Werner Stadtgebiet vollkommen ausreichende Drehleiter ausgebrochen war, mussten die Führungskräfte ihr Handeln an diesen Umstand anpassen. So wurde aufgrund der Höhe des Gebäudes und der schon ohnehin hohen körperlichen Belastung mit bis zu 25 Kilo an Ausrüstung als Atemschutzgeräteträger die Bildung eines Depotgeschosses beschlossen. Dieses Depotgeschoss wurde für die Ausrüstung und die auf ihren Einsatz wartenden Kräfte zwei Etagen unter der Rauchgrenze eingerichtet. Ein eigens dafür abgestellter Zugführer führte das Depot. Dieser musste adäquat auf die jeweils sich verändernden Einsatzsituation regieren. So wurden zum Beispiel die Atemschutzgeräteträger von den unterschiedlichen Feuerwehrfahrzeugen an diesem Depot gesammelt und erfasst. Ebenso befand sich der oben beschriebene Sicherheitstrupp an diesem eingerichteten Depot.

 

Für die Einheitsführer, der nicht direkt im inneren eingesetzten Einsatzkräfte, boten sich im Außengelände ebenfalls knifflige Aufgaben. Die eigentlich triviale Aufgabe eine Wasserversorgung aufzubauen, bedarf in einer solchen Industrieanlage doch einer intensiven Prüfung und Organisation. Es bot sich an als Angriffsleitung die fest mit dem Baukörper installierten Steigleitungen zu nutzen, um die begrenzten Kräfteressourcen der Einsatzkräfte nicht mit unnötigem Verlegen der Schlauchleitung über mehrere Etagen im Treppenhaus aufzubrauchen.

 

Im Laufe des Einsatzes tauchte eine der vermissten Personen auf einem Vordach in der vierten Etage auf. Die Drehleiterbesatzung positionierte unter Berücksichtigung der Freileitungen das Fahrzeug und führte eine Menschenrettung über den Drehleiterkorb durch.

 

Binnen 15 Minuten konnten beide vermissten Personen gefunden und gerettet werden. Nach insgesamt 50 Minuten war für die 37 freiwilligen Einsatzkräfte, die mit 7 Fahrzeugen angerückt waren, Einsatzende. Laut Übungsleitung und den beiden Mitgliedern der WF habe die Übung gut funktioniert. Alle Punkte wurden zur Zufriedenheit abgearbeitet. Es wurden aber auch Erkenntnisse bei dieser Übung gewonnen, die in Zukunft verbessert werden können wie die konsequente Umsetzung des Funkkonzeptes oder eine bessere Übersicht wo sich welche Einsatzkräfte auf dem Gelände aufhalten. Diese Übungen sind äußerst wichtig, um das hohe Leistungsniveau der Freiwillige Feuerwehr zu halten bzw. sich stetig zu verbessern. Thomas Temmann dankte den freiwilligen Kräften für ihre investierte Zeit in diesen Übungsdienst. Desweiteren bedankte er sich ausdrücklich beim Kraftwerksleiter Dr. Ralf Heitmüller für die nicht selbstverständliche Möglichkeit an solch einem Objekt während des normalen Betriebs zu üben.